Navigation

AJS/Matchless

Albion Gearbox

"Ist das Getriebe Matsch, liegt´s oftmals an der Clatsch ..."

Vorab: Was sind SemiUnits ? wurde ich gefragt: SemiUnits heißt nicht kleine Semmeleinheiten und sind auch kein Zahlungsmittel in Bayern. Unter SemiUnit Construction versteht man eine Getriebe-Motoreneinheit, die vortäuscht, eine Unit-Construction zu sein. Es gibt sie nur bei Royal Enfield. Eine UnitConstruction beherbergt Getriebe und Gekurbel in einem Gehäuse, wie es heute üblich ist und wozu sich die Insulaner relativ spät entschlossen hatten. Typisches Britishes Beispiel: BSA A 50/ A65, Victor oder Triumph Tiger Blockmotoren und Trident. Die s.g. Pre-Units haben Getriebe und Kurbelgehäuse völlig voneinander getrennt. Eine typisch britische Eigenart, an der z. B. Norton bis zum Schluß hartnäckig festgehalten hatte. Die gehäusemäßige Trennung von Getriebe und Motor mag teilweise daher kommen, dass Getriebe und Motor oft aus verschiedenen Quellen stammten und dann zusammengeschustert wurden. Hauptnachteil der Pre-Unit Construction ist meiner Meinung nach das Gemurkse beim Spannen der Primärkette und der Fakt, dass die Primärgehäuse nicht dicht zu bekommen sind, weil für das Hin- und Hergeschiebe des Getriebeausgangsritzels ein Schlitz im Primärkasten notwendig ist. Royal Enfield löste das Problem sehr elegant mit der SemiUnit Construction. Das Getriebe wurde von Albion zugekauft und fest an das Motorengehäuse angeflanscht und zwar so, dass es aussah, als handele es sich um einen Unit-Motor. Sieht nicht nur gut und kompakt aus, sondern läßt auch eine platzsparende kompakte Bauweise zu. Die Primärkette wird über eine Vorrichtung im Primärgehäuse gespannt und der Primärkasten ist dicht. Umbau des Primärtriebs auf Gummibänder braucht’s nicht. So, nun zum Thema: Which clutch ?

Grundsätzlich können wir zwischen 3 Kupplungstypen unterscheiden:

1. Standard-Kupplung betätigt über Ausrückstange (pushrod operated clutch)
1.1 ohne Gummi-Ruckdäpfer (Solid Centre)
1.2 mit Gummi-Ruckdämpfer (Cush-drive) in verschiedenen Varianten
2. Scheren-Kupplung / Scissor Clutch betätigt über einen Kugelmechanismus
3. Splined Clutch : Die Standard-Kupplung ohne Ruckdämpfer 

1.1 Standard-Kupplung ohne Gummi-Rückdämpfer

Diese Kupplung mit "Solid Centre" gab es ab 1949 (Abbildung 2 zeigt den grundsätzlichen Aufbau). Daraus ist zu ersehen, dass dieser Kupplungstyp über 3 Reibscheiben und eine flache sowie zwei gekröpfte Stahlscheiben verfügt, die mit 6 Federn mit zunächst 12G zusammengepreßt werden. Die Lagerung erfolgte über 54 Kugerl mit 3/16" Durchmesser. Der Enddeckel (Cap) ist gekröpft. Abweichend von dieser Zeichnung erfolgte der Primärantrieb immer über eine 3/8"Duplexkette und das Kupplungstrumm (Sprocket and Drum assembly) hatte ein entsprechendes doppelreihiges Ritzel mit 56 Zähnen.

Änderungen:

1954: Der Ausrückmechnismus wird von Schneckentrieb auf Hebel geändert und damit gibt es auch einen neuen Getriebeaußendeckel. Auf die Kupplung selbst hat das keinen Einfluß. Die Druckfedern wurden verstärkt und haben jetzt 14G.

1956: Die Reibplatten erhalten ein neues Belagmaterial ("Klinger-Inserts") und die Federkraft wurde wieder geändert. Es kommen jetzt 3 Federn mit 14G und 3 Federn mit 13G zum Einsatz.

1961: Die beiden äußeren Reibplatten erhalten eine größere Belagsfläche und der Enddeckel (Cap) wird durch eine Scheibe ersetzt.

Einsatz:

500 Twin alle Jahrgänge 1959 bis 1957. Die 500 Twin erhielt die verstärkten Druckfedern schon 1951

Bullet 500 (Model JS) lt. Ersatzteillisten von 1953 bis 1958; Dann erhielt sie die Cush-Drive-clutch mit 4 Reibplatten

Nach meinen praktischen Erkenntnissen waren auch frühere (pre 59) 500 Bullets mit Ruckdämpfer-Kupplung ausgerüstet; allerdings mit nur 3 Reibplatten. Dafür mußten natürlich sowohl ein schmäleres Kupplungstrumm als auch ein schmäleres Cush-Drive-Centre eingesetzt werden. Ersteres (27535/G2) kann von der Solid-Centre-Clutch genommen werden und das Cush-drive Centre könnte von der Scissor clutch (42980) stammen.

1.2 Standard-Kupplung mit Ruckdämpfer

Die Abbildung 5 macht den Unterschied deutlich. Der Ruckdämpfer ist im Kupplungscenter integriert und besteht aus 3 Paar Gummi-Elementen; das Gummi-Pärchen selbst setzt sich aus einem schmalen und einem breiten Teil-Element zusammen. Die Montage/der Austausch der Gummi-Elemente ist meist eine rechte Plage und häufig mit Gefluche eng verbunden. Die cush-drive-clutch hat nun mit 4 eine Reibplatte mehr und der Enddeckel (Cap) ist eine Scheibe. Das Kupplungstrumm selbst ist mit dem der "Solid-Centre" technisch identisch aber nicht austauschbar. Denn es ist breiter, um das Mehr an Scheiben aufnehmen zu können. Zunächst wurden 6 Federn mit je 14G verbaut. Wie oben bereits erwähnt, sind in der Praxis auch Cush-Drive-Kupplungen mit nur 3 Reibscheiben verbaut. Diese sind aber in keiner ET-Liste und in keinem Werkstatthandbuch angeführt.

Änderungen:

1956: Es werden nun 3 Federn mit je14G und 3 Federn mit je 13G verbaut.

1961/62: Die Kupplung wird wesentlich verändert:

Die Reibplatten werden auf neues Material umgestellt und neu gemischt: die innere behält die kleinen Reibelemente, sind aber nun Klinger-Inserts, die 3 äußeren bekommen beidseitig 4 große Reibflächen aus Kork-Synthetik; Die 6 Federn wandern nach außen und sind nun je 13 1/2"G stark; der Andruck erfolgt über eine neue sternförmige "Pressureplate". Dem folgend geändert werden mußte auch die "Frontplate". Abbildung 6 zeigt die Details. Mit den Federn wurde im Laufe der Zeit noch öfters rum experimentiert. So verwendete man bei der Interceptor Bj. 62/63 3x12G + 3x13G; dann 1964 3x13G + 3x14G, 67 wieder 6 x 13 1/2G und kehrte schließlich 1969 wieder zu 3x13G + 3x14G zurück. Meiner Erfahrung nach ist die letztere die beste Mischung.  In der Literatur gibt es auch die Empfehlung, für die Interceptor anstatt der Sternplatte eine aus Alu zu drehen und 12 Federn zu je 13G oder gar 14G zu verwenden. Um eine solche Kupplung betätigen zu können, sollte zunächst die linke Hand zur Größe einer Bärentatze trainiert werden um das Gefühl zu bekommen, die Kupplung ginge leicht. Ich glaube der Erfinder dieser Empfehlung, kämpfte mit verzogenen Stahlzwischenplatten. Denn aus eigener Erfahrung darf ich sagen, daß die Kupplung mit 3x13G + 3x14G selbst im rennsportlichen Einsatz nicht zum rutschen kommt, vorausgesetzt: alle Platten sind akurat plan. 

1963/64: 

Die Lagerung wird von Kugerln auf Gleitlager umgestellt; Die sternförmige Frontplatte erhält für 3 der Federn eine Anpreßdruckjustierung über Schrauben, Die Reibplatten werden vereinheitlicht; alle vier haben nun die großen Reibflächen aus Synthetik-Kork (vgl. Abb. 4).

1970: Dieser Kupplungstyp wird durch die "Splined clutch" ersetzt .

Einsatz: 

500 Bullet ab 1959

700 Meteor 1953 - 1955

Super Meteor lt. ET-Liste 1956 - 1960

Garantiert ab 1961 mit sternförmiger Druckplatte. Wie schon bei der 500 Bullet, weicht die Praxis von den Quellen ab. Alle Super Meteors, die ich kenne, sind mit einer Scissor clutch beglückt. Ich glaube nicht, daß diese Maschinen umgerüstet worden sind, denn das wäre ja das reinste "Hans im Glück" Prozedere. 

Constellation ab 1961/62 mit sternförmiger Druckplatte

Interceptors mit sternförmiger Druckplatte 1962 bis 1969

2. Die Scherenkupplung (Scissor Clutch)

Die Kupplung, die allen Masochisten Feude macht. Sie wird nicht über ein ganz einfaches Stangerl-System, sondern über ein kompliziertes Kugerl-Labyrinth ausgerückt. Wer ganau wissen will, wie diese Sache funktioniert, kann den englischen Text gerne bei mir abrufen. Ich würde jedoch empfehlen, die Zeit besser in den Tausch gegen eine Standard-Kupplung zu investieren. That’s my advice.  Die Abbildung 7 zeigt den Aufbau dieses Schreckens aller R.E.-Kupplungen. Ihr schlechter Ruf ist in erster Linie darin begründet, dass die Einstellerei nur ein verquerter Ingenieure lieben kann, daß ihr die Rutscherei nicht nachhaltig auszutreiben ist und sie aber andererseits nicht ordentlich trennt, was für das Rumrühren im Albion-Getriebe eine außerordentliche Unbequemlickeit darstellt. Im dem Zusammenhang sollten die geehrten Leser wissen, dass dem oft gescholtenen Albion-Getriebe die Schelte zu unrecht widerfährt. Das Albion-Getriebe schaltet nicht nur genau so weich und präzise wie jedes andere - es ist außerdem noch sehr robust, vorausgesetzt, die Kupplung trennt ordentlich !!! Wer mich kennt der weiß, dass ich gut ein halbes Dutzend Royal Enfields in Betrieb habe - seit Jahrzehnten - und daher auch weiß, wovon ich rede oder schreibe. Die Zeichnung der Scissor Clutch zeigt, dass sie auf dem Cush-Drive-Prinzip beruht aber mit nur 3 Reibplatten ausgestattet ist. Wie soll eine solche Kupplung die Kraft einer Constellation übertragen ?

Änderungen:

1960: Die Kugeln werden vergrößert, in der Hoffnung, sie trennt nun besser, Umstellung der Reibplatten wie bei der "Solid-Center Clutch".

1962: Ablösung durch die Standard-Kupplung

Einsatz: 

Meteor Minor: 1958 - 1961

Constellation 1958 - 1961

Event auch bei der Super Meteor bis ca. 60, es liegt aber keine Dokumentation hierüber vor; in der Praxis werden jedoch viele Super Meteors mit Scissor Clutch gesehen. Es ist kein besonderer Aufwand, die Scissor Clutch in eine Standard-Kupplung zu verwandeln. Hierzu benötigt wird: Ausrück-Mechanismus zur Montage in den äußeren Getriebedeckel (äußerer Getriebdeckel # G2/1A/1 ist kompatibel); Stange und Schwammerl; Länge je nach Kupplung und Kupplungs-Front- und Druckplatte samt Kleinteilen.  Wem ein solcher Umbau im Detail interessiert, sollte Kontakt mit mir aufnehmen.

3. Splined Clutch

Das ist die beste aller Kupplungen: Leichtbau, präzise zu betätigen, verschleißarm. Und sie kann völlig problemlos gegen die Standard-Kupplung mit 4 Reibplatten und Stern-Druckplatte getauscht werden - wenn man denn eine auftreibt. Die Splined Clutch wurde nur in der Interceptor Series II des letzten Jahres (1970) eingebaut resp. optional angeboten. Ich habe darüber keine Dokumentation, denn es gibt wahrscheinlich auch keine. Das Foto (Abb. 8) orientiert aber über den Unterschied zur Standard-Kupplung: Die Beziehung zwischen Kupplung und Albion-Getriebe.

Wie oben bereits erwähnt, hängt die Leichtgängigkeit des Albion-Getriebes bauartbedingt von der Kupplung ab. Die Kupplung muß gut trennen, zum anderen steht ihr dafür nur sehr wenig Weg zur Verfügung. Gründe für schlechtes Trennen können sein: Reib- und/oder Stahlscheiben sind zu dick; auch hier gilt: Der Nachbau-Mist kennt hier keine Scham; Reibmaterial quillt weil falsch; Spiel vom Kupplungs-Handhebel bis zum Ausrückhebel zu groß und/oder Seilzug zu dünn bemessen oder längt sich aus sonstigen Gründen: alles minimieren ist gefragt! In einem der folgenden Kapitel über die ALBION-Gearbox & Clutch wird darauf noch näher eingegangen.

Chart:

Wer sich genauer darüber unterrichten möchte, welche Teile der einzelnen Kupplungstypen untereinander austauschbar sind und welche Änderungen wann erfolgten, der kann sich hier die "comparison charts" als zip-Datei oder im Excel-Format downloaden.

Diese Vergleichstabellen beruhen auf der Auswertung der Ersatzeillisten, der Werkstatthandbücher und anderer Literaturquellen. Leere Jahrgangszeilen bedeuten entweder, daß ich zu diesem Jahr keine Ersatzteilliste habe oder daß vom Werk keine veröffentlicht worden ist. Obwohl diese Listen auf offiziellen Werksangaben beruhen, ist nicht sichergestellt, daß es tatsächlich so war. So kann z. B. eine Änderung im laufenden Modelljahr eingeflossen sein und erst im Jahr darauf in den ET-Listen erscheinen oder eine für das Modelljahr X angekündigte Änderung ist bereits gegen Ende des Vorjahres realisiert worden.

Es gab auch Zeiten, da wurden alte Teilebestände in einem Modell verbaut, ohne daß das dokumentiert worden ist. Auch Druckfehler und Verwechslungen in der Teilebenennung haben sich offiziell eingeschlichen. Soweit für mich erkennbar, habe ich diese Diskrepanzen korrigiert.

Werner Streubel