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Elektrik

Wie schlage ich Joseph Lucas ein Schnippchen ?

Foto 1 zeigt die zerlegte Lichtmaschine; auf der linken Seite ist der Lagerdeckel mit Buchse gut zu erkennen. Die Feldspule und der Anker sehen ziemlich schwarz und krümelig aus.
Foto 2 zeigt die einbaufertigen Teile der Lichtmaschine; sehr gut sind im unteren Bereich die neue Feldspule sowie in der Mitte der neu gewickelte und ausgewuchtete Anker zu erkennen.
Foto 3 zeigt ebenfalls die fertigen Teile. Deutlich hier die abgedichteten Lager sowie der ausgedrehte Lagersitz
Foto 4 zeigt den eingespannten Lagerdeckel und den langen Innenstahl
Foto 5 zeigt den elektronischen Regler und die Lötfahnen

Indem ich seine gute alte Lucas-Gleichstromlichtmaschine modernisiere !

Nachdem ich im vorigen Heft über etwas Zeitgenössisches geschrieben habe, soll dieses Mal wieder - dem Clubmotto entsprechend - etwas über die Classic British Bikes zu lesen sein. Dazu eignet sich ganz hervorragend ein Thema über Joseph Lucas, dessen Produkte praktisch in allen englischen Modellen auftauchen. Es soll vom Modernisieren der 6-Volt-Gleichstromlichtmaschine die Rede sein, da mir aus vielen Benzingesprächen und Berichten aus unserem Blättchen bekannt ist, daß es mit diesen Dingern viele Probleme gibt, es wird kräftig geschimpft.

Fairerweise müssen wir uns aber einmal vorstellen, daß die Lichtmaschinen größtenteils 40 Jahre und wesentlich älter sind. Sie wurden zu einer Zeit produziert, in der nicht das beste Material zur Verfügung stand, außerdem wurde auf Preiswürdigkeit Wert gelegt. Bei den alten und größtenteils verbrauchten und verschlissenen Lichtmaschinen sind nach meinen Erfahrungen zwei Probleme vorhanden:

a) Das hintere Lager:

Meist sind Buchse und Welle trocken gelaufen und fürchterlich ausgeschlagen, so daß teilweise der Anker schon geschliffen hat. Ein typischer Wartungsschaden. Ein paar Tropfen Öl in regelmäßigen Abständen hätten das Ausschlagen sicher verhindern können. Es ist nämlich eine Sintermetallbuchse eingebaut, die das Öl regelrecht aufsaugt. Das funktioniert im übrigen beispielsweise in Kühlschrankmotoren ganz hervorragend. Auch habe ich schon erlebt, daß in Unkenntnis der Dinge eine Messingbuchse eingebaut war, der Schaden war praktisch schon vorprogrammiert.

b) Die Isolierung:

Selbst wenn man den Anker und die Feldwicklung prüft und sie sind in Ordnung, kann das bei heißer Lichtmaschine oder Feuchtigkeit ganz anders aussehen. Meist ist die Isolierung brüchig, taugt nichts mehr. Zur Verteidigung von Joseph Lucas möchte ich sagen, daß Lichtmaschinen italienischer oder deutscher Bauart in diesem Alter mit Sicherheit auch nicht besser sind. 

Was also tun ? Da gibt es zwei Möglichkeiten. Einmal baut in Frankreich jemand für teures Geld passende Lichtmaschinen nach modernen Gesichtspunkten. Dieses Thema möchte ich aber nicht behandeln, das muß jeder selbst für sich entscheiden. Ich möchte die Überholung und technische Änderung der Original-Lucas-Lichtmaschine beschreiben. Kurz vorweggenommen, die Feldspule und der Anker werden neu gewickelt, statt der hinteren Buchse wird ein abgedichtetes Kugellager eingebaut, desgleichen vorn - fertig ist die Laube.

So einfach geht die Sache natürlich nicht. Zunächst muß die Lichtmaschine erst einmal auseinander genommen und die Einzelteile sorgfältig gereinigt werden. Als nächstes läßt man in einem Fachbetrieb (Anzeigen in unserem Clubblättchen oder Gelbe Seiten unter Elektromotoren) den Anker sowie die Feldspule neu wickeln. Dabei werden moderne (und damit bessere) Materialien als früher verwendet. Der Anker wird außerdem noch ausgewuchtet. Nun war Joseph Lucas in den 40er-Jahren schon ein weitsichtiger Mann. Er hat offenbar gewußt, daß heutzutage abgedichtete und auf Lebenszeit mit Fett versehene Kugellager lieferbar sind. In weiser Voraussicht wurden die Innenmaße der Lichtmaschine metrisch ausgelegt. Am Lagerbock, in den die Sintermetallbuchse eingedrückt ist, wurde vom Werk aus schon reichlich Material verbaut, um einen Lagersitz für ein geeignetes Kugellager auszudrehen.

Da in den seltensten Fällen eine Drehbank vorhanden ist, empfehle ich bei Interesse im Freundes- und Bekanntenkreis nachzufragen oder bei Inserenten in unserem Clubblättchen Erkundigungen einzuholen. Diese Arbeit erledigt im übigen auch jede Dreherei (Branchenverzeichnis). Die Arbeit dauert etwa ½ bis 1 Stunde. Es wird empfohlen, daß das passende Lager als Maß mitgeliefert wird (Außendurchmesser 22 mm). Das ist praktisch für die Lichtmaschine schon alles. Sie kann nun sorgfältig zusammengebaut werden, wobei das neue kleine Lager entweder mit flüssiger Lagersicherung oder mit drei Körnerschlägen (Vorsicht, immer auf der gegenüberliegenden Seite unterstützen) gesichert wird. Den Sitz für das große Lager bitte bei Bedarf mit Schmirgelleinen soweit abziehen, daß das Lager relativ leicht aufgesteckt werden kann.

Die Verwendung von abgedichteten und dauergeschmierten Lagern hat den weiteren Vorteil, daß kein Fett austritt und im Kollektorbereich keine große Schmiererei entsteht. Ich habe die Sache selbst ausprobiert und es funktioniert tadellos, der Umbau ist von außen nicht zu erkennen. Selbst wenn man, aus welchen Gründen auch immer, die Originalität wieder herstellen und eine Buchse einsetzen will: auch das ist wieder möglich. Je nach Qualitätsanspruch können dann noch das Gehäuse und die Schrauben galvanisch behandelt werden. Im Hinblick auf die beiden gekapselten Wälzlager und die mit modernen Materialien gewickelten Spulen besitzen wir jetzt eine neuwertige und haltbare Lichtmaschine. Nun wäre das aber eine halbe Sache, wenn wir mit dem Original-Lucas-Regler weiterwurschteln würden, ein moderner elektronischer Regler macht die Sache fast perfekt. Er paßt in das Gehäuse des serienmäßigen Lucas-Reglers (Innereien vorher natürlich ausbauen und auslöten), so daß auch hier von außen nichts zu sehen ist.

Zum Schluß habe ich mir noch eine 6-Volt-Halogenlampe gegönnt, die inzwischen auch käuflich ist. Bleibt zum Schluß die Frage der Kosten. Je nach Anspruch, ob die Sache äußerlich wie neu aussehen soll und die Lichtmaschine vernickelt wird, der Lagersitz in einer Dreherei ausgedreht wird, sind hier Kosten zwischen 250,- und 500,- DM zu erwarten. Nun haben wir eine tolle Lichtmaschine mit einem tadellosen Regler und eine hellere Glühlampe im Scheinwerfer, aber was ist mit den Kabeln ? Oftmals sind auch diese brüchig und teilweise sind recht seltsame Schaltungen vorhanden. Man sollte also die Gelegenheit nutzen und sich gleich einen kleinen Kabelbaum bauen. Eine preiswerte Lösung ist die Verwendung eines alten Kabelsatzes aus einem Schrottauto vom Autofriedhof. Aufgetrennt erhalten wir hier jede Menge Farben, Querschnitte und Längen, so daß wir uns nach dem Handbuch mit den passenden Farben einen Kabelsatz bauen können. Das hat auch den Vorteil, daß auch Dritte einmal ohne großes Suchen mit der Verkabelung klar kommen.

Norton-Günter