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Elektrik

Allgemeine Tipps

Um die Elektrik unserer temperamentvollen Ladies ranken sich seit Jahrzehnten die tollsten Legenden, von wegen „Erfinder der Dunkelheit“ usw... Auch ich bekam von den verschiedenen Mopeds englischer Provenienz, die ich mein eigen nennen durfte, eine wohlausgesuchte Diät elektrischen Schabernaks, der mich Tage und Nächte kostete.

Dabei waren es nicht einmal allein die original Lucas-Komponenten, auch die miese Machart üblicher Kabelgewirre (auch Kabelbaum genannt) tut das Ihre reichlich dazu. Zwar sind die Zeiten der treuen, alten „Bügeleisenkabel“ in Friedensqualität schon etwas länger her, aber trotzdem ... Mal war es ein durchgescheuertes, weil schlecht verlegtes, Kabel, mal ein loser Kabelstecker, der im Rythmus der good vibrations Schalter spielte oder nur ein gemeiner, schwer zu findender Kabelanbruch. Dann gab es noch diese Tour, auf der Motor immer dann ausging, wenn ich das Licht einschaltete. OK, es war ja hellichter Tag, aber trotzdem.

Eines Tages hatte ich letztlich den Kupferwurm satt und habe den originalen Kabelbaum, der eh' schon der zweite war, auf den Müll geworfen und mir meinen eigenen „designed“, der alles besser können sollte und daher auch völlig anders aussah, als man das gewöhnlich so kennt.

Um meine Konzeption darzulegen, ist es zunächst einmal sicherlich sinvoll, die Schwachstellen der üblichen Motorradelektrik zu beleuchten (im wahrsten Sinne des Wortes, haha!). Physikalisch haben wir es bei der elektrischen Versorgung unserer Mopeds mit parallel angeordneten, geschlossenen Schaltkreisen zu tun, in die jeweils eine elektrische Spannung U (6 oder 12 V) eingespeist wird, die wiederum möglichst verlustfrei den Verbrauchern (z.B. der Scheinwerferbirne) zugeführt werden soll. Hierbei fließt in den einzelnen Stromkreisen ein elektrischer Strom I, der sich zunächst über das Ohm'sche Gesetz U = R × I aus der Widerstand R des Verbrauchers ergibt. Bei gegebener Spannung fließt bei kleinem Widerstand ein hoher Strom, z.B. bei besagter Scheinwerferbirne, bzw. bei hohem Widerstand ein kleiner Strom, z.B. beim Standlicht.

Wie nachfolgend für einen Verbraucher skizziert (Ihr kennt alle die Schaltpläne Eurer Mopeds, daher spare ich mit die Ausführung aller Details) ist die Stromführung üblicherweise so gestaltet, daß der arme Strom vom Minuspol der Batterie über

- (dünne) Kabel zum

- filigranen und vibrationsempfindlichen Zündschloß, über

- filigrane und vibrationsgefährdete Lichtschalter zur

- Glühbirne und über

- den Motorradrahmen zum

Pluspol der Batterie fließt, oder muß oder soll.

Nun ist es in der Realität leider Gottes (der hat die Physik gemacht) so, daß unsere einfache Schaltung nicht verlustfrei, nicht mal verlustarm, ausfällt, sondern sich als eine Reihenschaltung von Widerständen darstellt, die im einzelnen so aussehen:

- Die verwendeten elektrischen Leitungen weisen einen Widerstand auf, der um so höher ist, je dünner und je länger das Kabel gewählt wird. Der sparsam denkende Motorradkonstrukteur (Kupfer kostet) wird zwar keine überlangen, aber meist überdünne Leitungen wählen, üblich ist hier 0,75 mm² Kabelquerschnitt.

- Jede Verbindung mit Steckschuhen weist einen Übergangswiderstand auf, der umso höher ist, je klappriger und korrodierter die Verbindungselemente im Lauf der Jahre werden. Im Interesse der Montage und der Universalität hat man bei den kommerziellen Kabelbäume dabei gerne einen Steckschuh zuviel.

- Alle Stromkreise der relativ übersichtlichen Motorradelektrik über das Zündschloß zu führen mag zwar einfach und logisch sein, dies eher filigrane Teil mit seinen Miniaturkontakten stellt aber einen regelrechten Engpaß für die diversen Stromkreise dar. Hierbei beißt sich die Katze sogar in den Schwanz, da die hohen Ströme andersrum wieder die Miniaturkontakte stark beanspruchen,

- Letztlich ist die „Rückführung“ des Stromes in Form der Masseleitung über den Motorradrahmen billig und einfach, aber mit hohen Übergangswiderständen an lackierten, korrodierten oder einfach nur mit Öl- und Fettresten isolierten Kontaktstellen „ausgezeichnet“.

Die genannten Faktoren beeinflußen nun die Leistung unseres Beispielstromkreises zweifach:

- Nach der Physik addieren sich alle Widerstände einer Reihenschaltung zu einem Gesamtwiderstand Rges, der gemäß dem erwähnten Ohm'schen Gesetz den effektiv fließenden Strom Iges bestimmt. Da Rges offensichtlich größer als der Widerstand der Glühbirne sein muß, fließt insgesamt ein kleinerer Strom, als es der eigentliche Verbraucher erlaubte.

- Zum zweiten geht an jedem Teilwiderstand des Stromkreises, also an jedem Kabel, jedem Steckschuh, im Zündschloß etc. dem jeweiligen Widerstand entsprechend ein wenig Spannung verloren (man nennt das Spannungsabfall). Im Lichtstromkreis kann ein Kabelschuh z.B. 0,3 V kosten!

In summa steht somit für den Verbraucher (immer noch unsere 55 W Glühbirne) aufgrund der real existierenden Elektrik sowohl eine geringere Spannung als auch ein kleinerer Strom, damit effektiv deutlich weniger Leistung, zur Verfügung. Diese Zusammenhänge gelten bereits,wenn alles funktioniert. WIe hart erlebt (s.o.) kann jedes der genannten stromführenden Elemente aber auch Ursache für Ausfälle und Pannen werden.Dies ganze Zeugs im Kopf, sollte „mein“ Kabelbaum drei Forderungen erfüllen:

1. Die Spannungszuführung zu allen Verbrauchern sollte mit möglichst kurzen und hinreichend „dicken“ Kabeln ohne viele Steckverbindungen erfolgen. Aufgrund der noch erträglichen Beweglichkeit habe ich Kabel mit 1,5 mm² Querschnitt gewählt (doppelter Querschnitt = halber Widerstand), hinsichtlich der Steckverbindungen brauchte ich keine Rücksicht auf universellen Einsatz (z.B. für Polizeimaschinen) und leichte Zerlegbarkeit nehmen und hab so wenig wie möglich vorgesehen.

2. Die Stromrückführung (auf Deutsch: „Masseleitung“) sollte vollständig und widerstandsarm (2,5 mm²) verkabelt werden.

3. Das Zündschloß sollte aus den aktiven Stromkreisen herausgenommen werden. Dieses Kriterium konnte ich mit Hilfe eines Leistungsrelais aus dem Kfz-Bereich lösen, das nun die Zündschloßfunktion erfüllt.

In der Praxis sieht meine Mk.1-Lösung wie folgt aus:

Durch Betätigen des Zündschlüssels wird die Leistungsstufe des Relais aktiviert (der Trick ist, daß nurmehr der ganz, ganz kleine Schaltstrom für die Spulenwicklung des Relais über das Zündschloß fließt), an deren Ausgang die vollen -12 V zur Verfügung stehen. Von hier aus führen nun kurze widerstandsarme Leitungen direkt zu den Verbrauchern, sprich Scheinwerfer, Rücklicht, Bremslichtschalter, Blinkrelais, Hupe und Zündung. Die sogenannten Masseleitungen verbinden Lampengehäuse, Motorblock (ganz wichtig, wird oft vergessen), Batterie (Pluspol) und Rahmenteile wie hinteres Schutzblech oder Lampenträger direkt. Alles mit angelöteten Steck- oder Schraubschuhen.

Der Effekt ? Über den gesamten Drehzahlbereich konstant helles Licht - mittlerweile konnte ich sogar noch „unnütze“ Dinge wie den Lichtschalter weglassen, das Licht geht eben direkt an -, kräftige Hupe etc. und dabei immer eine gut geladene Batterie. Das gilt im übrigen und gerade auch bei längerem Fahren mit niederer Drehzahl, wie sich einmal auf kleinen und kleinsten Bergstraßen der Insel Man zeigte: Während ich wie gesagt immer helles Licht hatte, mußte an der begleitenden Norton Commando ohne Licht gefahren werden, da bei dem möglichen Drehzahlniveau zwischen 1000 und 2500 min-1 der Saft für die elektronische Zündung wegblieb.

Nachdem meine „Designerelektrik“ mittlerweile über etliche Tausend Meilen sozusagen ihre Feuerprobe bestanden hat, soll zum Glanz (das helle Licht!) auch etwas Gloria hinzukommen. Ja, ich muß es gestehen, mein Lötwerk sieht deutlich selbstgemacht aus (Wie sagt der Volksmund: „Kinder betet, Vater lötet“). Daher ist für irgendeinen der kommenden Winter die Mk.2-Version angesagt. Wird dieses Motorrad eigentlich nie fertig ...

Thomas Bahners