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Allgemeine Tipps

Öl, Öl und nochmal Öl

Der nun folgende Bericht ist für alle diejenigen gedacht, die sich für so Manches interessieren, obwohl es deshalb auch nicht besser funktioniert. Und ich hoffe, daß ich die Anderen, die sich meinen Erguß trotzdem antun, nicht zu sehr langweile. Öl, Reibung und Verschleiß. Warum das Ganze ?

Die meisten von uns kennen Öl nur als einen goldenen Saft, den man oben in sein Moped einfüllt, und der danach kurze Zeit später unten wieder als schwarze Soße heraustropft. Doch der teure Saft hat auch noch andere Aufgaben, als den letzten Standort des fahrbaren Untersatzes zu markieren. Der eigentliche Sinn des Öls ist es in erster Linie, Reibung zu vermindern und Verschleiß zu verhindern, oder wo dies nicht möglich ist, ihn möglichst gering zu halten.

Zu Beginn eine kleine Einführung in die verschiedenen Gleitreibungsarten:

1. Oberflächenschichtreibung / Grenzreibung / Festkörperreibung

Zwei trockene metallische Körper berühren sich nie total flächig, sondern immer nur an einigen mikroskopisch kleinen Punkten. Grund: in der Praxis gibt es keine ideal glatten und planen Oberflächen. Die Anzahl und Gesamtfläche der Berührungspunkte ist nur abhängig von der Festigkeit der Körper und der Kraft, die auf diese Körper wirkt. Durch die hohe Flächenpressung (Druck), die auf die tatsächlichen Berührungspunkte wirkt, verschweißen diese Punkte sogar miteinander. Die Kraft, die nun notwendig ist, diese beiden Körper gegeneinander zu verschieben, ist genau die Kraft, die benötigt wird, um diese mikroskopisch kleinen Schweißverbindungen zu lösen. Die Folgen der Oberflächenschichtreibung sind hoher Verschleiß, da die beteiligten Oberflächen durch die vielen Schweiß- und Lösevorgänge immer rauher werden und sogar Teilchen aus der Oberfläche herausgerissen werden können. Typischer Verschleiß mit Fressen.

Abhilfe: alles, was die Verschweißneigung der Oberflächen herabsetzt (Schmierstoffe und besonders die darin enthaltenen Additive sowie geeignete Reibpaarungen von Materialien die nicht zum Verschweißen neigen).
Beispiel: Gleitlager für Hinterradschwingenlager, Kolbenbolzenlagerung (hohe Belastung, geringe Gleitgeschwindigkeiten)

2. Hydrodynamischer Reibungszustand (Flüssigkeitsreibung)

Dieser Zustand tritt dann ein, wenn zwei sich gegeneinander bewegende Oberflächen vollständig durch einen Flüssigkeitsfilm getrennt sind. "Aquaplaning" ist den meisten von uns ein Begriff (siehe Abbildung 3). Flüssigkeitsreibung, in Fachkreisen Elasto-Hydrodynamik (EHD) genannt, tritt dann auf, wenn zwei Körper in einem sich verengendem Spalt eine viskose Flüssigkeit einschließen und sich dabei gegeneinander bewegen. Der Abstand der Oberflächen ist eine Funktion der Geschwindigkeit und der Viskosität des Öls, sowie der Lagerbelastung (siehe Abbildung 2 - Filmdicke). Wenn die beteiligten Reiboberflächen nun besonders glatt bearbeitet sind, ist ein geringer hydrodynamischer Effekt bereits ausreichend, um die Oberflächen vollständig zu trennen. Die Folge: kein Verschleiß der Oberflächen.

Beispiel: gleitgelagerte Pleuel- und Kurbelwellenlager (wechselnde Belastung, hohe Gleitgeschwindigkeiten)

3. Mischreibung

Mischreibung tritt auf , wenn der hydrodynamische Druck nicht hoch genug ist, um die Oberflächen vollständig zu trennen. Die Reibungspartner berühren sich punktuell. Es herrscht Oberflächenschichtreibung mit teilweiser Flüssigkeitsreibung (siehe Abbildung 3).

Beispiel: Getrieberäder, Ventiltrieb (hohe spezifische Drücke, geringe Gleitgeschwindigkeit), Kolben im Zylinder, Kolbenringe mit Zylinder.

Noch eine Bemerkung zu Reibung und Verschleiß: Hohe Reibung heißt nicht gleichzeitig hoher Verschleiß. Beispiel: Man stelle sich ein fettgefülltes Kugellager vor. Dieses läuft nicht gerade besonders leicht, hat aber unter normalen Bedingungen faßt keinen Verschleiß. Das selbe Lager total ausgewaschen ohne Fett läuft zwar sehr leicht, verschleißt aber unter Belastung innerhalb kürzester Zeit.

Aufgaben des Öls

1. im Motor

  • Verhinderung von Verschleiß durch Trennung der Reibungspartner.
  • Verhinderung von Fressen durch Bildung von Reaktionsschichten (siehe Getriebe) und dadurch Förderung des Einlaufprozesses.
  • Bindung und Neutralisation von unerwünschten Verbrennungsprodukten (z. B. Schwefelsäure), und dadurch Verhinderung von Korrosion.
  • Kühlung durch Abtransport von Wärme aus den Lagerstellen und dem Kolbenboden.

2. im Getriebe

Verhinderung von Fressen durch Bildung von Reaktionsschichten; Anpassen (Einlaufen) von Oberflächen durch gezielten punktuellen Verschleiß; die beigefügten EP-Additive (Extreme Pressure) Schwefel und Phosphor bilden mit den sehr hoch belasteten Reibungspunkten (die mikroskopisch kleinen Flächen, die sich tatsächlich berühren) sogenannte Reaktionsschichten, die relativ weich sind, vergleichbar mit Graphit, und sich leicht abtragen lassen. Die Folge dieses gezielten punktuellen Verschleißes sind genau passend aufeinander eingelaufene Oberflächen der Zahnräder und Lagerstellen. Eine sehr wichtige Voraussetzung für lange Lebensdauer.

3. Ölwechsel, warum ?

Die Additive werden verbraucht, und können ihre Aufgaben nicht mehr zufriedenstellend erfüllen, z.B. Korrosionsschutz. Die sogenannten VI-Verbesserer (Viskositätsindex Verbesserer) in Mehrbereichsölen, welche die Viskosität des heißen Öls erhöhen werden mit zunehmender Laufzeit durch die Scherbelastung zerstört. Die Folge: das Öl wird dünner; aus einem vormals 20W50 Mehrbereichsöl wird nach längerem Betrieb z. B. ein 20W30. Das heiße Öl ist dann nicht mehr dick genug, um einen entsprechend dicken Schmierfilm zu bilden und damit hohe Belastungen aufzunehmen. Abrieb der während des Betriebs entstanden ist wird damit aus dem Motor oder Getriebe entfernt.

Klassifizierung von Motor- und Getriebeölen

 

Motoröle

API (American Petroleum Institute)  

CMC (Comite des Constructeurs d´Automobile de Marche Commun) 

SA bis SJ, wobei die höhere Buchstabenkombination die Qualität der niedrigeren einschließt und übertrifft.
Beispiel der Klassifikation für die API-Klasse SF:
Service Klasse F: Ottomotoren von PKW und LKW ab Baujahr 1980 unter Herstellerwartungsempfehlung, deren Öle erhöhte Oxidationsstabilität und verbesserten Verschleißschutz gegenüber jenen der Klasse SE aufweisen; sie gewähren ebenso Schutz gegen Ablagerungen, Rost und Korrosion.  

G1 bis G5, wobei die höhere Buchstabenkombination die
Qualität der niedrigeren einschließt und übertrifft.




Getriebeöle

API GL-4
Additivtyp: Schwefel-Phosphor
Additivgehalt, %:5,0
Schwefelgehalt,%. 1,5 bis 3,0
Phosphorgehalt, %: min 0,08
TIMKEN-Verschleiß, mg: max. 15
VKA-Schweißkraft, mg: min. 320

API GL-5
Additivtyp: Schwefel-Phosphor
Additivgehalt, %:6,5
Schwefelgehalt,%. 1,9 bis 3,5
Phosphorgehalt, %: min 0,09
TIMKEN-Verschleiß, mg: max. 10
VKA-Schweißkraft, mg: min. 360

 

Beispiel für die Klassifizierung nach API für ein Öl nach API GL-5:

Kennzeichnet die Einsatzbedingungen in Getrieben, insbesondere in Hypoidgetrieben, für Kraftfahrzeuge sowie in anderen Einrichtungen für Kraftfahrzeuge, die unter Betriebsbedingungen mit hohen Geschwindigkeiten / Stoßbeanspruchungen, hohen Geschwindigkeiten / niedrigen Drehmomenten oder niedrigen Geschwindigkeiten / hohen Drehmomenten arbeiten. Bei der Wahl zwischen API GL-4 und API GL-5 ist ein Öl der Spezifikation API GL-5 vorzuziehen.

Vergleich Einbereichsöl / Mehrbereichsöl

 

Vorteil

Nachteil

Einbereichsöl

Kaum nachlassen der Viskosität durch die Scherbelastung während des Betriebs; wo keine VI-Verbesserer drin sind können keine kaputtgehen ...

Schlechte Durchölung des Motors nach dem Kaltstart; wichtige Teile des Ventiltriebs können nach dem Kaltstart nicht sofort mit Öl versorgt werden; sehr hohe Öldrücke bei kaltem Motor; eingeschränkter Einsatztemperaturbereich

Mehrbereichsöl 

Weiter Einsatztemperaturbereich; schnelle Durchölung des Motors nach dem Kaltstart; moderate Öldrücke bei kaltem Motor, dadurch geringe Belastung für Ölpumpe und Simmerringe

VI-Verbesserer in billigen Ölen werden durch die auftretenden Scherbelastungen mit der Zeit zerstört (bei hochwertigen Ölen ist dieser Effekt jedoch über die normale Laufzeit vernachlässigbar)

 

Zusammenfassend ist zu sagen, daß - wer gut schmiert, der auch gut fährt. Und, wer ein Markenprodukt wählt, ist normalerweise immer auf der sicheren Seite. Abzuraten ist von billigen Kaufhausölen. Wer doch Kaufhausöl verwenden will, sollte die Ölwechselintervalle nicht zu sehr ausdehnen. Ich hoffe, daß ich Euch, die Ihr bis zum Schluß durchgehalten habt, nicht zu sehr gelangweilt habe. Immer eine Handbreit Öl im Tank wünscht:

Roland Ebinger, Murr